Bremerhaven: Dämliches Spiel mit Tourismuszahlen – Eine lügenhafte Behauptung jagt die andere…

5. August 2015

Seestadtpresse Bremerhaven – Im heutigen Weser-Kurier (5. August 2015) wird der Bremerhavener Tourismus-Chef mit einer interessanten Bemerkung zitiert. Man dürfe nicht vergessen, stellt er fest, dass es bis vor einigen Jahren „in Bremerhaven praktisch keinen nennenswerten Tourismus gegeben hat.

Der Tourismus-Chef im O-Ton laut Weser-Kurier: „Bremerhaven ist inzwischen ein Schwergewicht auf der touristischen Landkarte.“

Beobachter der touristischen Szenerie kennen das: Immer wieder läuft auf der Bühne das dämliche Spiel mit den wundersamen Steigerungen der Tourismuszahlen, bei dem nur selten einmal jemand auf frühere Zahlen zurückblickt.

Zur Illustration: Für 1999 teilte der Bremer Senat (im Zentralen Finanzcontrolling 2005) für Bremerhaven die Zahl von 187.000 Übernachtungsgästen mit.

In einer Mitteilung des Bremerhavener Magistrats vom 27.9.2006 beispielsweise wird für 2003 die Zahl von 232.312 Übernachtungsgästen angegeben.

Für das Jahr 2014 meldet die Industrie- und Handelskammer in ihrem Statistischen Jahresbericht knapp 189.000 (Übernachtungs-)Gäste (hier als „Ankünfte“ bezeichnet).

Also über 15 Jahre von 187.000 über 232.00 auf 189.00: Wo ist da die Steigerung, wenn 1999 etwa genau so viel Übernachtungsgäste verbucht werden konnten wie 2014)?

Ich weiß, ich weiß, es wird immer wieder mal anders gezählt und gruppiert und mit „neuen Hochrechnungsmethoden“ (!) ausgewertet, und die Besucherzahlen in Bremerhaven haben sich schon allein durch dieses statistische Hin und Her teilweise gravierend verändert.

Ich erinnere beispielsweise daran, dass für das Jahr 1996 von einem bekannten Institut 2,9 Millionen Tagestouristen „ermittelt“ wurden.

Im Jahre 2003 meldete die BIS dann nur noch gut 1 Million Tagestouristen.

Mit diesen Zahlen ist immer wieder munter Politik gemacht worden; sie waren eine wichtige Grundlage für die millionenschweren Investitionen in die touristische Infrastruktur Bremerhavens.

Gleichwohl: „Die Zahl der Tagestouristen wird nicht statistisch erfasst“, stellt Julia Salden 2004 in ihrer Tourismus-Studie für die Arbeitnehmerkammer fest. Daher plappert offensichtlich jeder herum, wie er will.

Merke: Großsprecherei und Übertreibungen sind im Tourismusgeschäft offensichtlich nicht zu vermeiden. Die Grenze zum Unsinn sollte allerdings nicht allzu oft überschritten werden.

Anmerkung: Wer einmal kurz durchblättern möchte, was auf diesen Seiten in den vergangenen Monaten zum Bremerhavener Tourismus mitgeteilt wurde, kann >>>hier klicken.

 

 

 

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Lachhafter Tourismus-Jubel in Bremerhaven – Drei Viertel der Übernachtungsgäste kommen nämlich aus geschäftlichen Gründen auch ohne Tourismus-Getrommel…

10. September 2014

Seestadtpresse Bremerhaven – Da jubeln sie wieder, unsere Tourismusförderer, weil „die aktuellen Zahlen eine Wohltat sind“ (so die Nordsee-Zeitung am 10.9.2014)!Und dann wird munter drauflos gequasselt: Vom neuen Aufschwung und von früheren „Tourismus-Pleiten“ und der Bedeutung des Wetters in einem „Sommererholungsgebiet“ usw..

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Es fehlte dieses Mal nur noch das Luftschloss namens „Welcome-Center“, das in der Nordsee-Zeitung am 1. September 2014 >>>als große Neuigkeit in die Welt gepustet wurde. Dabei hatte dieselbe Nordsee-Zeitung bereits am 11. April 2014 (!) über dieses neue Angebot für Touristen berichtet.

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Egal. Das sind ja nur Kleinigkeiten – ebenso wie bei den Lobpreisungen des lachenden Bremerhavener Tourismuschefs. Zwar titelt auch der Weser-Kurier am 10. September 2014 „Deutliches Besucher-Plus für Bremen“, nennt aber wenigstens in der Unterzeile einen ganz entscheidenden Grund: „Erfolgreiche Kongresse“.

Und im Text findet sich dann auch die Erinnerung an den Kernpunkt: „75 Prozent der Übernachtungen in Bremen sind geschäftlicher Natur.“

Diesen wichtigen Hintergrund hatte auch die >>>Nordsee-Zeitung früher einmal deutlich erwähnt: „Tourismus-Pleite durch Messe-Ausfall“ lautete die Überschrift in der NZ vom 14. März 2013.

In Zahlen ausgedrückt: Von der runden Million Übernachtungen in Bremen hängen nur etwa 250.000 vom marktschreierischen Anlocken der Touristen ab, während 750.000 auch ohne das Tourismus-Getrommel (und völlig unabhängig vom „Faktor Wetter“) kommen (müssen).

Im journalistischen Alltagsgeschäft mancher Zeitungen sind das aber – wie gesagt – nur Kleinigkeiten…

NACHBEMERKUNG: An der Berichterstattung der Nordsee-Zeitung ist mir noch etwas aufgefallen (etwas verspätet, da ich die originalen Pressemitteilungen nicht mehr vorliegen habe und meine Bloggerei nur nebenbei mache): Im Text werden immer wieder gern (positive) Prozentzahlen genannt, ohne auf die längerfristige Entwicklung der vergangenen Jahre Bezug zu nehmen.

Diese Prozentzahlen klingen so positiv, weil sie sich auf auf die „grottenschlechten Zahlen des Vorjahres“ beziehen. Genannt werden nun für das erste Halbjahr 2014 insgesamt 172.000 Übernachtungen, die als „Plus von 7,3 Prozent“ eingestuft werden.

Ein Vergleich mit den Vorjahren seit 2009 macht allerdings Folgendes deutlich:

Die Zahl der Übernachtungen in Bremerhaven entwickelte sich (laut IHK-Jahresbericht 2013) zunächst tatsächlich positiv von knapp 300.000 (2009) über 357.000 (2010) auf den Spitzenwert von knapp 376.000 (2011) und verzeichnete dann zwei aufeinander folgende kräftige Rückgänge auf knapp 360.000 (2012) und 352.000 (2013).

Verdoppelt man also einfach die Zahlen für das erste Halbjahr, kommt man für das Jahr 2014 hochgerechnet auf 344.000 Übernachtungen.

Das wäre sogar noch weniger als 2013 und klingt jedenfalls nicht gerade nach neuen Rekordzahlen, auch wenn „im Vergleich zum Vorjahreszeitraum“ ein bisschen gejubelt werden konnte…