Der Maler Ronald Franke ist tot – Ein Nachruf von Elke Grapenthin…

7. Februar 2015

Seestadtpresse Bremerhaven – Der folgende Nachruf auf Ronald Franke wurde von Elke Grapenthin verfasst. Durch einen >>>Klick an dieser Stelle geht es zur Webseite des Malers, auf der auch die im Nachruf angesprochenen „Goldbilder“ zu sehen sind.

Nachruf auf Ronald Franke

Am 31.1.2015 starb der in Köln lebende Städte-, Häfen und Flusslandschaftenmaler Ronald Franke, der auch in Bremerhaven kein Unbekannter war. Er wurde nur 54 Jahre alt.

Franke, der von 1982 bis 88 an der Kölner Kunsthochschule studierte und Meisterschüler von Dieter Kraemer war, trat früh mit seinen Werken an die Öffentlichkeit und erhielt bald Preise und Stipendien für Auslandsaufenthalte und wurde von renommierten Galerien vertreten. Jährlich beteiligte er sich durchschnittlich an vier Ausstellungen sowie an Kunstmessen.

Seit 1984 fuhr der Maler wiederholt auf Binnenschiffen mit, um das Geschehen auf Flüssen und Kanalen zu dokumentieren, ein mehrjähriges Projekt, das ihn 1999 auch von Moskau nach St. Petersburg führte. Bereits im November 1989 holte ihn der damalige Direktor des Schifffahrtsmuseums, Gert Schlechtriem, zur Vorbereitung einer für 1990 geplanten Ausstellung mit deutschen Flusslandschaften und Seestadt-Bildern nach Bremerhaven. Vom Wilke-Atelier aus startete der 29jährige mit einem VW-Bus voller Malutensilien seine Entdeckungstouren, malte trotz eisiger winterlicher Temperaturen draußen, v.a. im Hafen.

Ronald Franke war einer der ersten Gastkünstler in Bremerhaven, der den Anwohnern mit seinen Bildern von Lagerschuppen, Schleusen, Kränen und Autotransportern vor Augen führte, was diese Stadt zu bieten hat. Die Ausstellung im Schiffahrtsmuseum wurde ein großer Erfolg und Franke verkaufte viele Bremerhavenmotive – an Museen, Geschäftsleute, private Kunstliebhaber.

Schon im März 1990 kam er wieder in das Atelier am Alten Vorhafen. Von Juni bis Oktober führte er Bilder im Auftrag des Motorenwerk Bremerhaven aus, und von November 1990 bis zum Februar 1991 richtete er sich auf Wunsch des Magistrats ein Atelier im Radarturm ein, um die Stadt am Meer von oben festzuhalten. Am Ende präsentierte er die entstandenen Werke im Wilke-Atelier.

Er hatte Leinwände in unterschiedlichen Formaten verwandt, von klein bis so groß, dass er manche Rahmen der Größe wegen an beiden Längsseiten hatte ansägen müssen, um sie im Fahrstuhl des Turms nach unten transportieren zu können. Frankes stark abstrahierte und auf wenige Farben reduzierte Bilder, die unterschiedliche Lichtverhältnisse und Tageszeiten an der Wesermündung und Geesteeinfahrt wider spiegelten, fanden großen Anklang. Zwei der großformatigen Gemälde, die Bremerhaven zu etwas Besonderem machten und in einem neuen Licht erscheinen ließen, befinden sich heute im Sitzungssaal des Magistrats.

Ronald Franke – inzwischen auch international anerkannt und erfolgreich – kehrte noch häufiger in die Region zurück. 2002 entstanden Bilder vom Umland Bremerhavens, von Äckern und Feldern. Und er malte die Windkrafträder, die für ihn die Umgebung der Stadt radikal verändert hatten, zeigte völlig andere Werke als bisher.

Obgleich das sein letzter längerer Aufenthalt in der Region war, fand er selbst, dass seine Begegnung und Auseinandersetzung mit der Seestadt ihn all das gelehrt hatte, was für seine späteren Städtelandschaften wesentlich war: Ob es sich um Köln, Hamburg, New York , Kyoto oder Kapstadt handelte – es ging ihm darum, „eine Stadt als gesamtes Gefüge zu begreifen“, um das Besondere an ihr wiedergeben zu können. Seine dynamischen Stadtimpressionen fangen Straßenkreuzungen und Häuserschluchten an markanten Punkten und häufig aus der Froschperspektive ein.

Trotz seiner schweren Krankheit, mit der er sehr offen umging, malte Franke bis kurz vor Ende des Jahres 2014 immer noch unentwegt, unterstützt von Assistenten, die Vorarbeiten vornahmen. Riesige Kreise und Spiralen – Brücken und Hochstraßen ähnlich – ziehen sich durch diese neuen Bilderlandschaften, die allein auf die Farben Gold und Grau beschränkt sind und auf eine Größe von 3 m x 5 m anwuchsen. Unter dem Titel El Dorado wurden sie in Stuttgart präsentiert. Mit der Idee, sich dem Farbton Gold zu widmen im Kontrast zum Grau, gelang es Franke nach der Krebsdiagnose weiterzuarbeiten. Die Unendlichkeit – symbolisiert durch das Gold, die perfekte Endlichkeit in den runden Formen und die Nähe des Todes in den Grautönen – viele seiner Empfindungen und Gedanken über seine Situation konnte er in diese Bilder einfließen lassen.

Elke Grapenthin (E.G.)

Werbung

So setzen Zeitungen Akzente – Gegensätzliche Pegida-Einschätzung…

5. Februar 2015

Seestadtpresse Bremerhaven – Ein Politologe der TU Dresden hat laut Weser-Kurier vom 4. Februar 2015 „die bisher gründlichste Pegida-Studie vorgelegt“. Das Ergebnis laut WK: „Die… Bewegung besteht hauptsächlich aus ‚besorgten und empörten Gutwilligen‚.“ Die Nordsee-Zeitung setzt den Akzent auf derselben Informationsbasis ganz anders: „Viele Pegida-Anhänger extrem rechts“.

R0027363

Spiegelt sich in solchen geradezu gegensätzlichen Akzenten eigentlich eine politische Haltung der Redaktion?

Oder hängt es nur davon ab, welche politische Einstellung der jeweilige Redakteur zu dieser Problematik hat?

Oder ist die Wahrheit so biegsam, dass auch solche gegensätzlichen Darstellungen ohne Probleme zu rechtfertigen sind?

Eine denkbare Lehre: Leserinnen und Leser müssen in jedem Fall genau hinkucken, auf welche Figuren sie sich in unseren Medien jeweils verlassen sollen – und auf welche sie sich wirklich verlassen können.


„Trotz Kauflaune weniger Umsatz“ – Nur Überraschung oder doch Dämlichkeit?

1. Juli 2014

Seestadtpresse Bremerhaven – Nehmen wir mal ein Beispiel: Da bescheinigt ein Gutachter einem Familienvater extreme Weichherzigkeit und Kinderliebe. Ein Blick auf das tatsächliche Geschehen in der Familie zeigt aber, dass der Vater seine Kinder tagtäglich mit übermäßiger Gewalt verprügelt.

Was sagt ein Mensch dazu? Das überrascht mich, obwohl die Diagnose  bestimmt korrekt ist? Oder muss doch festgestellt werden: Der Gutachter muss ein ziemlicher Trottel sein…

R0027340

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Ein Gutachter bescheinigt dem Verbraucher „gute Kauflaune“. Ein Blick auf die Tatsachen zeigt allerdings, dass nicht mehr, sondern weniger gekauft und verkauft wird.

Wie berichten unsere Medien (hier der Weser-Kurier am 1. Juli 2014): „Trotz Kauflaune weniger Umsatz“.

Im Text heißt es dazu: „Das schwache Geschäft der Einzelhändler überrascht, da die Stimmung der deutschen Verbraucher derzeit so gut ist wie seit siebeneinhalb Jahren nicht mehr.“

Die Grundlage für diese kuriose Berichterstattung liefert die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mit ihrem „berühmt-berüchtigten Konsumklimaindex“. Sie wurde auf der Webseite namens >>>„NachDenkSeiten“ (NDS) bereits mehrfach mit kritischen Anmerkungen versehen.

Ich empfehle die >>>NDS noch einmal ausdrücklich zur möglichst täglichen Lektüre! Das gilt auch für Journalisten.

In der taz vom 28./29. Juni 2014 gab Johannes Ludwig, Professor für Medien und journalistische Fächer in Hamburg, den Journalisten folgende Empfehlung für einen nutzbringenden und verantwortlichen Journalisten-Alltag: „Indem man sein Gehirn einschaltet, Widersprüche erkennt, sagt, da stimmt etwas nicht und sich dann fragt: Wie komme ich an die nötigen Informationen“…

P.S. Schon gemerkt? Selbstverständlich lässt sich heute auch die Nordsee-Zeitung die Chance nicht entgehen, den Agentur-Blödsinn nachzuplappern (NZ 1. Juli 2014, Seite 5):

R0027342


Eine „große Koalition“ taugt nix – Schluss mit dem sozialdemokratischen Eiertanz…

20. November 2013

Seestadtpresse Bremerhaven – In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 17. November 2013 war eine Karikatur zu sehen, auf der ein stolzer Sigmar Gabriel Seit‘ an Seit‘ mit Angela Merkel das Wort ergreift und verkündet: „Die große Koalition steht. Wir haben uns geeinigt auf einen Mindestlohn für die Auszähler von Volksabstimmungen, eine serienmäßige Mietpreisbremse für Leihwagen und eine Mautbefreiung für verheiratete Homosexuelle.“

Auch wenn es nicht ganz so drollig kommen sollte, bleibt zu befürchten, dass sich die Kiste verhängnisvoll entwickelt. Ich nehme als Beispiel eine Bemerkung Sigmar Gabriels, die in der Nordsee-Zeitung vom 11. November 2013 zitiert wurde: „Sollten wir ein gerechteres Steuersystem mit CDU/CSU nicht hinbekommen – wonach es zugegebenermaßen derzeit aussieht – bleiben ja noch viele andere Themen, bei denen wir etwas bewegen können.“

Dazu kommt mir dann der >>>Aufruf „Wider die Große Koalition“ in die Hände, in dem es unter anderem heißt: „Die SPD will zukunftsfähig sein, bestärkt aber die Konzepte einer vergangenen Politikepoche… Die SPD wandelt sich durch Annäherung an die CDU/CSU zur Gesichtslosigkeit.“

Und: „Eine Große Koalition stellt keine unterschiedlichen Konzepte zur Wahl, sie stellt die Kaste der Politiker den Wählern gegenüber…“

Wahrscheinlich habe ich wieder nicht mitbekommen, dass über diesen Aufruf, zu dessen Unterzeichnern u.a. Oskar Negt, Konstantin Wecker, Roger Willemsen, Ingo Schulze und Hanna Schygulla gehören, breit in unserer Presse berichtet wurde. Der Aufruf wurde bis zum 20. November bereits von fast 5000 Menschen unterzeichnet.

Er kann weiterhin über den oben genannten Link unterzeichnet werden.

P.S. In der Tageszeitung Neues Deutschland war am 16. November 2013 ein Gedicht von Volker Braun abgedruckt:

„Was geht da schemenhaft entschlossen lang? Die Politik. Nun sehn wir sie genau: Die Schatten ihrer selbst. Ein Posten-Gang! Schwarz-Rot, es wird ein rostiges Grau.“


Statistiken haben ihre Knütten – Wer das nicht bedenkt, greift leicht daneben…

15. Januar 2013

Seestadtpresse Bremerhaven – Wie leicht mit Statistiken Schindluder getrieben werden kann, wenn jemand irgendwelche Erfolgsmeldungen in die Welt hinaus trompeten will, illustriert wieder einmal sehr schön Paul M. Schröder vom >>>BIAJ in einer Pressemitteilung vom 15. Januar 2013.

So wurde kürzlich in allen möglichen Medien die gestiegene Frauenerwerbsquote in Deutschland gelobt und gefeiert. Allerdings – so erläutert Schröder – werden in dieser Quote auch die erwerbslosen Frauen mitgezählt. Das bedeutet, dass diese spezielle Quote auch dadurch steigen kann, dass die Zahl der erwerbslosen Frauen größer wird.

Das kann eigentlich nicht als besonderer Erfolg gefeiert werden – oder?

Was die medialen Lobpreiser offensichtlich im Kopf hatten, ist Erwerbstätigenquote. Auch die Erwerbstätigenqoute der Frauen ist in Deutschland größer geworden, allerdings in entscheidendem Maße durch Teilzeit. Von 2000 bis 2011 stieg die Zahl der erwerbstätigen Frauen in Teilzeit um 2,2 Millionen auf über 8,1 Millionen. Das ist ein Anstieg um knapp 37 Prozent.

Die Zahl der erwerbstätigen Frauen in Vollzeit stieg in diesem Zeitraum fast überhaupt nicht – nämlich um magere 0,7 Prozent.

Statistiken müssen immer sorgfältig gelesen und interpretiert werden. Das BIAJ gibt >>>auf seiner Webseite stets anregende Hinweise.


Geldschneiderei der Nordsee-Zeitung durch Aufforderung zum Telefonieren? – Kleinvieh macht auch Mist…

8. Dezember 2012

Seestadtpresse Bremerhaven – Wenn die Nordsee-Zeitung ihre Leserinnen und Leser zum Telefonieren auffordert, ist Aufmerksamkeit geboten, denn das könnte teurer werden als gedacht.

Die jüngsten Beispiele lieferte im NZ-Landkreisteil die Vorbereitung auf die Landtagswahl in Niedersachsen. „Wer soll mit diesen Politikern diskutieren?“ fragte die Redaktion und forderte die Leserschaft zur telefonischen Abstimmung auf (hier in der Ausgabe vom 1. Dezember 2012).

R0027275

Was nicht dabei stand: Solche Anrufe mit den Anfangszahlen „01375…“ kosten aus dem Festnetz immerhin 14 Cent und werden von den üblich gewordenen Flat-Rates nicht gedeckt.

Ich gebe zu: Das macht einen durchschnittlichen Menschen nicht arm, aber es gehört sich, diese Kosten zu erwähnen, wie es beispielsweise die Nordsee-Zeitung am 8. Dezember 2012 im Lokalteil ordnungsgemäß getan hat.

R0027274

Wie leicht zu erkennen ist, kostete dieser Anruf zur Auswahl der schönsten Bude auf dem Weihnachtsmarkt satte 50 Cent pro Anruf. Das bringt doch schon etwas ein!

Es ist nicht das erste Mal, dass diese Verhaltensweise der Nordsee-Zeitung in der Seestadtpresse kritisiert wird. Vor zwei Jahren ging es um den Leserkalender, der durch telefonische Auswahl der Fotos Geld in die NZ-Kasse spülen sollte. Anklicken lassen sich die beiden Texte >>>hier und >>>hier.

Wer sich einen Überblick über die Kosten solcher O137-Rufnummern verschaffen will, kann beispielsweise >>>hier klicken.


Falsche Zahlen in der Hartz-IV-Debatte? – Eine Kritik des BIAJ…

6. Dezember 2012

Seestadtpresse Bremerhaven – Insgesamt seien es mehr als eine Million Menschen gewesen, die in den vergangenen zwölf Monaten unter Sanktionen im Rahmen von Hartz IV zu leiden hatten. So interpretiert jedenfalls Paul M. Schröder vom >>>BIAJ (Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe) die offiziellen Zahlen der Agentur für Arbeit.

Laut Schröder wurde in allen möglichen Medien die sehr viel niedrigere Zahl von angeblich nur 146.000 Hartz-IV-Sanktionierten weitergeplappert, obwohl diese Zahl absolut nicht plausibel sei.

Das ist >>>an dieser Stelle auf Schröders BIAJ-Seite nachzulesen, verbunden mit der Bemerkung: „Fragt man da nicht mal nach?“

Seine Antwort: Offensichtlich sei hier Journalismus nach der Methode „Stille Post“ zu erleben. Kritische Zeitungsleserinnen und -leser wissen, dass diese Methode häufiger vorkommt, als uns lieb sein kann.


Kleine Anmerkung zum Gang der Weltgeschichte – Ein Gedicht von Percy B. Shelley…

2. Dezember 2012

Ozymandias
I met a traveller from an antique land
Who said: — Two vast and trunkless legs of stone
Stand in the desert… Near them, on the sand,
Half sunk, a shattered visage lies, whose frown,
And wrinkled lip, and sneer of cold command,
Tell that its sculptor well those passions read
Which yet survive, stamped on these lifeless things,
The hand that mocked them, and the heart that fed:
And on the pedestal these words appear:
‚My name is Ozymandias, king of kings:
Look on my works, ye Mighty, and despair!‘
Nothing beside remains. Round the decay
Of that colossal wreck, boundless and bare
The lone and level sands stretch far away.

Übersetzung von Adolf Strodtmann (1866):

Ein Wandrer kam aus einem alten Land,
Und sprach: „Ein riesig Trümmerbild von Stein
Steht in der Wüste, rumpflos Bein an Bein,
Das Haupt daneben, halb verdeckt vom Sand.
Der Züge Trotz belehrt uns: wohl verstand
Der Bildner, jenes eitlen Hohnes Schein
Zu lesen, der in todten Stoff hinein
Geprägt den Stempel seiner ehrnen Hand.
Und auf dem Sockel steht die Schrift: ‚Mein Name
Ist Osymandias, aller Kön’ge König: –
Seht meine Werke, Mächt’ge, und erbebt!‘
Nichts weiter blieb. Ein Bild von düstrem Grame,
Dehnt um die Trümmer endlos, kahl, eintönig
Die Wüste sich, die den Koloß begräbt.“
Ein paar zusätzliche Hinweise gibt es auf der >>>Seite von Wikipedia.

Ungleichbehandlung der Bürgerbüros in Bremerhaven? – Mitte soll offensichtlich gegenüber Lehe bevorzugt werden…

1. Oktober 2012

Seestadtpresse Bremerhaven – Die Bremerhavener Bürgerbüros sind eine höchst erfreuliche Einrichtung für Bürgerinnen und Bürger: Es gibt zentrale Anlaufstellen, die das Herumsuchen nach der richtigen Stelle im Geflecht des bürokratischen Apparats überflüssig macht. Sehr positiver Grundgedanke.

Merkwürdig ist nur, dass es offensichtlich eine Neigung gibt, das Bürgerbüro Mitte zu benutzen, um für mehr Laufkundschaft in der Fußgängerzone zu sorgen. Selbstverständlich kann ich diesen Verdacht nicht beweisen, aber ich kann vielleicht die Aufmerksamkeit der Kundschaft darauf richten und bitte um Hinweise, falls es Bestätigungen gibt.

Meine jüngsten Erfahrungen: Ich beantrage einen Personalausweis im Bürgerbüro in Lehe. Allerdings wird mir verweigert, den fertigen Ausweis dort auch abzuholen. Ich werde gezwungen, in die Fußgängerzone zu fahren. Dort musste ich das Durcheinander erleben, weil mir niemand etwas von der Umstellung auf reinen Termin-Betrieb gesagt hatte.

Zweite Erfahrung: Ich bitte um einen Termin im Bürgerbüro Lehe und bekomme einen Termin im Bürgerbüro Mitte. Immerhin: Auf meinen Protest hin wird die Terminvergabe prompt in meinem Sinne verändert.

Was soll das? Steckt dahinter nun Methode, oder waren das Zufälle?


Fußball-Europameisterschaft: Ein Wort zur Erhellung von Günther Anders…

10. Juni 2012

Seestadtpresse Bremerhaven – Wenn Fußball-Nationalmannschaften gegeneinander spielen, sind denkwürdige Beobachtungen zu machen. Da kann eine Mannschaft in ihrem Spiel rumpeln und pumpeln und sich mühsam zu einem siegähnlichen Abschluss duseln, und trotzdem begeistern sich die Zuschauer über einen solchen mühsamen und fast peinlichen Sieg der eigenen Mannschaft.

Der großartige Philosoph Günther Anders hat diese kuriosen Seelenvorgänge im Zuschauerraum einmal in seiner Fabel „Solidarität“ beleuchtet (aus „Der Blick vom Turm“).

In dieser Fabel geht es um die Olympiade der beiden Städte Molussien und Penx, die stets ein ganz besonderes Abschlussereignis hatte: Nach allen Turnieren kämpften nämlich noch die beiden verrufensten Gewaltverbrecher beider Städte gegeneinander. Da ging es um Leben oder Tod, denn wer den anderen umgebracht hatte, wurde als Sieger begnadigt. Die Grausamkeit dieser leidenschaftlichen Kämpfe war furchtbar, wie man sich vorstellen kann.

Das Denkwürdigste geschah aber im Zuschauerraum, schreibt Günther Anders: „Kaum hatten nämlich die Zwei, die gestern noch von ihren Mitbürgern als die Schandsöhne ihrer Städte verabscheut worden waren, und die, hätten sie nicht für das Fest aufgespart werden müssen, längst schon hingerichtet worden wären – kaum hatten die Zwei die Arena betreten, als die Stimmung total umschlug. Plötzlich waren sie nämlich die Söhne ihrer Städte, nein, geradezu deren Verkörperungen.“

Und weiter: „Mit ohrenbetäubendem Jubel begrüßten die Molussier ihren Verbrecher, die Penxer den ihren.“

Und da die siegreichen Verbrecher in ihrer Stadt hinterher frenetisch gefeiert wurden, war eine Vermutung nicht von der Hand zu weisen: Das Gerücht behauptete, dass die Statue des heiligen Erzvaters von Penx, die noch in jedem Jahr bekränzt wurde, „niemand anderen darstelle als den ersten Massenmörder der Stadt, der aus dem ersten dieser Zweikämpfe siegreich hervorgegangen sei“.

So sind die Menschen offensichtlich stets stolz auf die Ihren, wer immer es auch sei…


Armut in Deutschland und die Blindheit unserer politischen Klasse – eine kurze Zusammenstellung…

28. Februar 2012

Seestadtpresse Bremerhaven – Wer Talkshows eigentlich nicht leiden kann, muss trotzdem zugeben, dass dort mitten in all den Dummbaddeleien gelegentlich auch interessante Positionen zur Sprache kommen.

Ich nehme hier ein Beispiel, in dem es um Armut und Hartz IV in Deutschland geht.

Der auf Youtube veröffentlichte Beitrag enthält ein paar Auszüge aus einer Sendung von Anne Will, angereichert mit einem Stück Film aus dem Magazin Fakt. Das alles dauert gut zehn Minuten und erinnert an die dramatisch wachsende soziale Spaltung in unserem Land. (Die Überschrift des Youtube-Beitrags ist übrigens etwas daneben!)


Werbung im redaktionellen Teil und hohe Gebühren für Teilnahme an Telefonaktion – Auch für die Nordsee-Zeitung scheint so etwas verlockend zu sein…

20. Januar 2012

Seestadtpresse Bremerhaven – Auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten sind die Zeitungsverlage oft nicht zimperlich.

Da werden beispielsweise Postdienste zu Billigtarifen angeboten. Da wird klammheimlich bezahlte Werbung im redaktionellen Teil gemacht, übrigens auch im Internet, wie das >>>NDR-Medienmagazin „Zapp“ am 18. Januar 2012 berichtete.

Und da gibt es Telefonaktionen, die über die verlangten Gebühren ein bisschen Geld in die klammen Kassen spülen sollen. Ein Beispiel fiel mir kürzlich in der Nordsee-Zeitung vom 19. Dezember 2011 auf, und das sieht so aus:

„Liegt an den Feiertagen Schnee?“ lautete die Frage in der Überschrift des Artikels, und wer sich am „Gewinnspiel“ mit Verlosung von drei (!) Familienkarten für das Klimahaus beteiligen wollte, musste telefonieren.

Der kleine Haken: Jeder Anruf kostete 50 Cent (!) bei Anrufen aus dem deutschen Festnetz. Das war der klein gedruckten Erläuterung zu entnehmen. Mobil konnte es noch teurer werden.

Nicht schlecht, finde ich.

Wenn dann noch die Klimahaus-Familienkarten wegen der Werbung für das Klimahaus im daneben stehenden redaktionellen Teil kostenlos bereitgestellt wurden, waren die Voraussetzungen für ein kleines verlegerisches Zusatzgeschäft ganz gut…


TV-Reality-Soap-Formate missbrauchen Menschen – NDR-Magazin „Zapp“ präsentiert ein Beispiel…

24. November 2011

Seestadtpresse Bremerhaven – Wenn im Fernsehen die schmierigen Reality-Soap-Formate laufen, werden die meisten halbwegs vernünftigen Menschen sicherlich abschalten.

Aber es bleiben genügend Zuschauer übrig, deren Gefühl für Peinlichkeiten und Demütigungen ohnehin nicht besonders gut entwickelt ist. Durch solche Sendungen wird des noch weiter eingeschrumpelt.

Dieser Effekt solcher Formate macht das Medien-Geschäft mit ahnungslosen Leuten so problematisch. Da werden Menschen seelisch entblößt und ausgeplündert, um schmierige Geschäfte zu machen. Eine Journalistin, die in den Fall verwickelt ist, spricht ausdrücklich von „Missbrauch“.

Wer Interesse und Zeit hat, das einem Beispiel nachzuvollziehen – übrigens einschließlich der Gegenwehr des ahnungslos in die Falle getappten Opfers -, kann sich durch einen >>>Klick an dieser Stelle einen kurzen Beitrag des NDR-Medienmagazins „Zapp“ vom 23. November 2011 ansehen.


Manipulierte Besucherzahlen allerorten – Besonders krasses Beispiel für Zahlentänzerei vom Nürburgring…

15. November 2011

Seestadtpresse Bremerhaven – Über die Entwicklung des Tourismus in Bremerhaven kann mensch beim Blick auf die tatsächlichen Besucherzahlen durchaus streiten. So gut wie nie wurde wirklich gezählt, und fast immer wurde mit Befragungen und Hochrechnungen hantiert, dass manch einem und manch einer schwindlig werden konnte.

Aber so ist das wohl: Wer Erfolge vorzeigen will, darf beim Zurechtbiegen der Erfolgszahlen nicht pingelig sein.

Manch ein Beobachter mag solche Dreistigkeiten vielleicht für unwahrscheinlich halten, aber schöne Beispiele für dieses Zurechtbiegen von Erfolgszahlen lassen sich immer wieder mal aufspüren. Das illustriert nicht nur das Bremer Sechstagerennen.

Ein besonders krasses Beispiel kommt jetzt vom Nürburgring. Darüber berichtet beispielsweise der Trierische Volksfreund vom 9. November 2011.

„Fakt ist: An der Rennstrecke wurde über Jahrzehnte mit geschönten Zahlen gearbeitet. Nur ein Bruchteil der gezählten Gäste hat tatsächlich bezahlt“, heißt es da klipp und klar.

Und weiter: „Eine Übersicht, von der nahezu landeseigenen Nürburgring GmbH im August 2009 erstellt, unterscheidet zwischen verkauften Tickets und publizierten Besucherzahlen.“ So seien beim Truck Grand Prix 2009 fast 177.000 Besucher gezählt, 2008 waren es 192.000. Der Vergleich mit den tatsächlich verkauften Karten sei aber „ernüchternd“. Denn 2009 waren es tatsächlich nur 37.000 bezahlte Tickets und 2008 waren es 37.728 – eine Differenz von gut 150.000 Zuschauern zwischen Behauptung und Tatsache.

Die Bilanz: „Die verkauften Eintrittskarten blieben bei allen Veranstaltungen weit unter den veröffentlichten Erfolgsmeldungen.“

Wer die Statistik in Form einer pdf-Datei ansehen will, kann hier klicken.

Einer der Tricks beim Herstellen der Lügenmeldungen: Statt „Besucher“ zu zählen wurden „Besuche“ gezählt. Wer also mehrmals an Ort und Stelle war, blieb zwar ein einzelner Besucher, tauchte in der Statistik aber als drei Besuche auf.

Solche Zahlentänzereien kommen einem doch irgendwie bekannt vor – oder?


„Große Erzählungen“ modellieren Weltbilder – Mächtige Akteure beeinflussen daher solche Kopf-Bilder in ihrem Interesse…

10. November 2011

Seestadtpresse Bremerhaven – Wer Geschichten erzählt, braucht dafür einen Faden, an dem sich das Geschehen entlang rankt. Es mag sein, dass dieser Faden erst ganz am Ende des Erzählens deutlicher erkennbar wird. Aber immer gibt es einen Kern der Erzählung, der im Laufe des Vorgangs aufgeblättert wird.

In Geschichte und Politik funktioniert das nicht anders. In jüngster Zeit ist dafür der Begriff der „großen Erzählung“ in Mode gekommen – ein Begriff, der jedenfalls anschaulich macht, wie politische Meinungsbildung einschließlich der Erinnerung an vergangene Ereignisse funktioniert.

„Politisches Handeln, das mehr sein will als bloßes Hantieren an den Stellschrauben des Systems, muss narrativ eingebettet sein“, schreibt Herfried Münkler in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. August 2010. „Es muss sich als Schritt in einem langfristigen Projekt erklären können.“

Da ist er wieder, der Faden (oder der Kern) eines Geschehens, der eine Kette von Ursachen und Wirkungen herstellt. Der das Handeln von Personen und Institutionen mit dem Geschehen verknüpft. Und der Gefühle und Einstellungen der Menschen beeinflusst. Münkler nennt so etwas daher auch „eine grundlegende Orientierungserzählung“.

Münkler: „Die großen Erzählungen wirken langsam, aber langfristig. Sie modellieren den Erwartungshorizont der Menschen.“

Dieser Erwartungshorizont spielt in der Politik eine entscheidende Rolle.

Der Erwartungshorizont der Menschen entsteht nicht im Selbstlauf. Er ist die Folge der vielen Basteleien großer Akteure an einer „großen Erzählung“. Lobbyeinrichtungen, Verbände und Medien sind aus diesem Kreis der großen Einflüsterer und Erzähler nicht wegzudenken.

Mensch braucht sich nur in Erinnerung zu rufen, wie in unseren Köpfen beispielsweise der Staat mit seiner Bürokratie zum Haupthindernis für das Aufblühen der Wirtschaft „gemacht“ wurde und wie umgekehrt das Abbauen wirtschaftlicher Regulierungen unsere Zukunftsaussichten angeblich verbessern sollte.

Obwohl die Wirklichkeit zeigt, dass das Gegenteil dieser „großen Erzählung“ richtig ist, verblassen die in die Köpfe getrommelten Bilder nur sehr langsam, zumal einflussreiche Mächte weiterhin ihre gedanklichen Nebelfelder verbreiten.

Wer das politische Geschehen mit offenen Augen betrachtet, findet allerorten dieses professionell organisierte Zurechtschrapeln der Gedankenwelten in unseren Köpfen.

Wer ein Beispiel für das Durchleuchten solcher Erzählungen im Interesse herrschender Mächte lesen möchte, kann durch einen Klick an dieser Stelle zu einer sehr erhellenden Studie der amerikanischen Autorin Frances Fox Piven gelangen. Dort wird aufgeblättert, wie hinter den Nebelschleiern des „Krieges gegen Drogen“ („war on drugs“) in den USA die ohnehin nicht besonders üppigen sozialstaatlichen Errungenschaften begonnen und dann Schritt für Schritt immer weiter eingeschränkt wurden.

Am Ende stand eine Politik, die unter anderem für eine grundlegende Neuverteilung der Steuerbelastung führte, zur Einschränkung öffentlicher Dienstleistungen, zu Einkommenskürzungen, zur Schwächung der Gewerkschaften und zur Deregulierung in der Wirtschaft („policies that led to a massive redistribution of the burden of taxation, the cannibalization of government services through privatization, wage cuts and enfeebled unions, and the deregulation of business, banks, and financial institutions“).

Auch unsere Köpfe sind voll von Elementen dieser „großen Erzählung“.

Letzten Endes macht sie es möglich, die Grausamkeiten für die unteren Schichten der Gesellschaft zu rechtfertigen, während sich die Oberschichten immer schamloser bereichern dürfen.