Streit um Straßennamen bleibt ein wichtiges Thema, aber bitte ohne die bisherigen Plattheiten…


Seestadtpresse Bremerhaven – Im Streit um Straßennamen in Bremerhaven und anderswo rät Konrad Elmshäuser, der Leiter des Staatsarchivs in Bremen, zu mehr Augenmaß und Nachdenklichkeit. Unsere historischen Stadtlandschaften verweisen mit ihren Straßennamen oftmals auf „widersprüchliche Biografien“, die nicht einfach blind weggebügelt werden sollten, so seine Überlegung.

Elmshäusers Appell in einem Interview im Weser-Kurier vom 13.Januar 2013: „Ich persönlich würde mir einen unaufgeregten Umgang mit diesen Fällen wünschen, die fraglos ambivalent sind… Ich denke, dass eine offene Gesellschaft die Konfrontation mit widersprüchlichen Biografien aushalten kann.“

Das wendet sich meiner Ansicht nach klar gegen die Plattheiten, die in den vergangenen Monaten beispielsweise von der Nordsee-Zeitung im Zusammenhang mit Gustav Frenssen in die Welt trompetet wurden. In der NZ wurde die Frenssenstraße als „Adresse mit Ekelfaktor“ bezeichnet. Meine erste Kritik daran lässt sich durch einen >>>Klick an dieser Stelle nachlesen.

Im Zusammenhang mit der Nazi-Zeit gibt es eine lange Reihe solcher „widersprüchlicher Biografien“ – ein Problem, das in der Zeit nach 1945 in der Bundesrepublik nicht immer besonders offen behandelt wurde. Ich nehme hier als ein kleines Beispiel den Bischof Otto Dibelius, der Älteren nur als eine honorige Persönlichkeit in Erinnerung sein dürfte.

Zielgerichtet ausgeblendet wurde allerdings, dass Otto Dibelius bereits sehr früh völkisches Gedankengut vertreten hat: „Für die letzten Motive, aus denen die völkische Bewegung hervorgegangen ist, werden wir alle … volle Sympathie haben. Ich habe mich … immer als Antisemiten gewusst“, so der spätere Bischof in einem Schreiben von 1928 als Generalsuperintendent der Kurmark, wie Hartmut Hohnsbein in der >>>Zeitschrift „Ossietzky“ vom 26. Januar 2013 feststellt.

Anfängliche Zustimmung zum Nationalsozialismus war beispielsweise auch beim späteren hannoverschen Landesbischof Hanns Lilje zu hören – eine Zustimmung, die damals laut Hohnsbein von weiten Teilen des deutschen Protestantismus geteilt wurde. „Der Protestantismus war … aktiv an der Zerstörung der Weimarer Republik und der Errichtung und Stabilisierung der faschistischen Diktatur beteiligt“, lautet ein Zitat in seinem Artikel.

Die offene und engagierte und kritische Diskussion über all die vielen „widersprüchlichen Biografien“ lohnt sich in jedem Fall.

Einfach so hingeraunzte Plattheiten über „Adressen mit Ekelfaktor“ bringen aber mit Sicherheit gar nichts, weil sie nur von den wirklich wichtigen Diskussionen ablenken.

7 Responses to Streit um Straßennamen bleibt ein wichtiges Thema, aber bitte ohne die bisherigen Plattheiten…

  1. Da zeigt sich wieder, wie einfach es doch ist, den unaufgeklärten immer wieder „unsere“ Kollektiv-Schuld einzuimpfen.
    So lange es Menschen gibt, die glauben, dass Deutschland an den beiden Weltkriegen Schuld ist, ist uns eh nicht zu helfen.
    Auf der anderen Seite wird vorgeschlagen, das Konterfei von Kohl auf einer Briefmarke zu verewigen. Meine Güte, was ist hier los???Dieser Verräter hat nicht nur sein eigenes Volk belogen, in Bezug auf die Ostgebiete, nein, er ist auch mitverantwortlich (wie jeder andere Politiker auch, der im Nachhinein nichts unternommen hat) dafür, dass wir keine Verfassung haben. Vom Meineid (Schwarzgeldaffäre) mal ganz abgesehen. Schäuble kann sich da auch mit einreihen.
    Solche Leute werden hier verehrt, wie krank ist das denn?

  2. Auch in dieser Stellungnahme finde ich für meinen Geschmack zu viele Plattheiten.

    Nur ein Punkt: Meinetwegen kann man über die Beteiligung Deutschlands am Anzetteln des Ersten Weltkriegs noch ein wenig herum streiten. Aber dass die deutschen Nazis für das Anzetteln des Zweiten Weltkriegs verantwortlich sind, lässt sich nun wirklich nicht bestreiten. Das haben die Nazis doch auch selbst klipp und klar als ihr Ziel festgehalten. Auch Hitler lässt in „Mein Kampf“ keinen Zweifel an seinen Welteroberungsplänen.

    Wem ist da nun nicht zu helfen?

  3. Da stellt sich nur die Frage, ob Sie, oder andere das glauben, weil es so an den Schulen gelehrt wurde. Es gibt heute schon genug Erkenntnisse, die belegen, das vieles nicht stimmt, und warum, weil der Sieger die Geschichte schrieb, und schreibt.
    Die Umstände, die zum 2.Weltkrieg führten, sind vielfältig, aber immer den Deutschen alles in die Schuhe zu schieben, finde ich reichlich schwach und zeugt doch davon, wie gut diese Propaganda immer noch zieht.
    Es wird kaum ein Volk auf Erden geben, welches keine Scheiße am Hacken hat, aber die Deutschen sind immer die Bösen, ist das nicht ein bischen engstirnig?
    Das Problem ist m.E. das die Menschen immer nur eine Sichtweise haben, nämlich die, die ihnen seit Jahren gebetsmühlenartig vorgebetet wird.
    Tut mir leid, aber ich glaube nicht mal mehr die Hälfte von dem, was uns erzählt wird.

  4. Ich schreibe das nicht, weil es an Schulen gelehrt wurde, sondern weil ich unter anderem Geschichte studiert und dabei auch das Buch von Hitler gelesen habe. Da braucht niemand etwas „den Deutschen“ in die Schuhe schieben. Es reicht, sich mit dem zu beschäftigen, was die Nazis selbst millionenfach erklärt und gefordert und schließlich auch umgesetzt haben.

    Selbstverständlich sind „die Deutschen“ nicht immer die Bösen, aber im Falle des Zweiten Weltkriegs hat die deutsche Nazi-Führung diesen Krieg über Jahre vorbereitet und dann zielgerichtet angezettelt. Daran gibt es nun wirklich keinen Zweifel.

    Deshalb ist auch niemand auf Gebetsmühlen angewiesen. Es reicht, die vorhandenen Dokumente genau zu studieren.

    Und engstirnig handelt zunächst einmal derjenige, der sich weigert, einen sorgfältigen Blick auf diese Dokumente zu werfen, zu denen auch Hitlers „Mein Kampf“ gehört.

  5. Ach so, dann muss das natürlich alles stimmen. Auch wenn die Nazis es hundertfach erklärt haben. Es gibt auch genug ältere Menschen von früher, die ausgesagt haben, dass sie von all dem nichts gewusst haben. Tut mir Leid, dass sind für mich keine Beweise.
    Und wenn Sie einem größenwahnsinnigen, geisteskranken Glauben schenken, Ihr Problem.
    Deutschland krankt an genau den Menschen, die Sie so gestrickt sind. Diese Leute haben wegen ihrer Engstirnigkeit mitgeholfen, Deutschland zu dem zu machen, was es jetzt ist, ein Volk von obrigkeitshörigen Lemmingen, die alles glauben, was ihnen erzählt wird. Das hatte sogar Napoleon schon sehr früh erkannt. der sagte sinngemäß:
    Es gibt kein dümmeres Volk als die Deutschen. Keine Lüge kann grob genug ersonnen sein, die Deutschen glauben sie.

  6. Lieber Peter Meyer,

    wenn Sie Adolf Hitler als einen „größenwahnsinnigen Geisteskranken“ einstufen, werden Ihnen wohl die meisten Menschen zustimmen.

    Allerdings muss beachtet werden, dass dieser „größenwahnsinnige Geisteskranke“ bis 1945 der oberste Chef der Regierung des deutschen Reiches („Führer und Reichskanzler“) und gleichzeitig Oberbefehlshaber der gesamten deutschen Wehrmacht war.

    Da kann man doch nicht so tun, als sei es völlig egal, was dieser Mann gesagt und getan hat.

    Es geht gar kein Weg daran vorbei, sein Tun und Handeln als Beweis für die Ziele der deutschen Nationalsozialisten ernst zu nehmen.

    Und wenn ich dieses Tun und Handeln mit den grausamen Folgen für Millionen von Menschen ernst nehme, dann hat das doch nichts damit zu tun, dass ich irgendwelchen Lügen glaube!

  7. Eris sagt:

    Bezeichnend für die ganze Debatte ist doch der Nachruf auf den DVU Gründe Frey auf der 1. Seite des Sonntagsjournals.

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